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Marcel Schütz. Foto: Kevin Knoche

Algorithmen sollen künftig bereits anhand von Sprachmelodie die Eignung von Bewerberinnen und Bewerbern für ein Unternehmen prüfen – NBS Research Fellow Marcel Schütz äußerte sich dazu am heutigen Dienstag, 9. April 2019, im Deutschlandfunk.

Bewerbungsgespräche, die von Robotern geführt werden, sind inzwischen keine Zukunftsmusik mehr, sondern werden bereits in einigen Unternehmen eingesetzt  auch in Deutschland und zwar selbst für die Auswahl von hohen Positionen wie etwa Managern. Diese Verfahren versprechen besondere Neutralität und Objektivität in der Personalauswahl  auf den ersten Blick. In der Sendung "Politisches Feuilleton" im Deutschlandfunk Kultur hat NBS Research Fellow Marcel Schütz dazu einige kritischen Überlegungen angestellt.

Algorithmische Vorauswahlprozesse versprechen zwar besonders faire und objektive Bewertungen, allerdings sind sie selbst vorprogrammiert. "Eine Firmenkultur fällt nicht vom Himmel, sie ist normativ gesättigt, vor Vorurteilen nicht gefeit", erklärt Schütz im Deutschlandfunk. Dies sei deshalb relevant, da Algorithmen gerade die Passung zur Firmenkultur prüfen sollten, was wiederum suggeriere, dass es eine solche geschlossene Kultur für ein ganzes Unternehmen tatsächlichgibt. Dass es im ersten Zugriff überhaupt nicht mehr auf nähere fachliche Eignung ankomme, hält Schütz, der selbst als Personaler und Recruiter tätig war, für ein nur wenig professionelles Verfahren im Personalmanagement. Ein Bewerber falle bei dieser Technik schon dann aus dem Raster, wenn er beispielsweise die "falschen Wörter" äußere oder vielleicht eine irgendwie ungewohnt erscheinende Melodie in der Stimme habe. Der Algorithmus habe geradezu etwas magisches, seine Befunde erschienen wie aus einem digitalen "Orakel von Delphi", meint Schütz.

Zudem, so ergänzte Schütz gegenüber der Marketingabteilung der NBS, unterbinde ein solcher Prozess von vornherein jede Diskussion bzw. lagere diese in eine digitale Technik aus. Schütz beschreibt dies so: "Der Mensch assistiert der Maschine beim Assistieren des Menschen". Dies stelle eine recht paradoxe Lage dar. Ein Stück weit, so Schütz, erinnere ihn das an den Einsatz der heute weitgehend abgelehnten "graphologischen Methode", in der Bewerberinnen und Bewerber früher um handschriftliche Proben gebeten wurden. "Daraus hat man dann alles Mögliche über die Persönlichkeit herausfinden wollen. Das Verfahren ist quer durch die gesamte psychologische Forschung als völlig unwissenschaftliche, unseriöse Methode bewertet worden. Genauso gut hätte man Handleser mit der Personalauswahl betrauen können." Im Grunde sei dies reiner Aberglaube gewesen, so der Forscher.

Der Beitrag im Deutschlandfunk ist hier als Text- und Audio-Ausschnitt abzurufen.